Um das Segment der Naturkosmetik für Verbraucher transparenter zu machen, gibt es verschiedene Prüfzeichen. Zu den bekanntesten darunter in Deutschland gehört das BDIH-Siegel. Die Abkürzung BDIH steht dabei für den Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmer für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V.
Der Begriff der Naturkosmetik ist in Deutschland nicht gesetzlich geschützt. Nicht überall, wo Naturkosmetik drauf steht, ist also auch immer reine Natur drin. Produkte, die Inhaltsstoffe wie Blüten oder Pflanzenextrakte enthalten, können dennoch auch mit chemischen Inhaltsstoffen angereichert sein. Damit Verbraucher wissen, zu welchen Naturkosmetikprodukten sie guten Gewissens greifen können, existieren Siegel wie das des BDIH. Dieses ist neben dem Siegel von Natrue die in Deutschland am häufigsten verwendete Zertifizierung.
Wofür der BDIH steht
Gegründet wurde der BDIH 1951 als Non-Profit Vereinigung, in der sich Hersteller und Vertriebsunternehmer zusammengefunden haben. Ansässig ist das Unternehmen in Mannheim. Dem Bundesverband zugehörig sind aktuell mehr als 500 Mitgliedsunternehmen. In Zusammenarbeit mit Europäischen Naturkosmetikverbänden und Zertifizierungsunternehmen stellt der BDIH Standards für Natur- und Biokosmetik auf. Das Unternehmen nimmt darüber hinaus auch eine beratende Funktion für seine Mitglieder ein, sollten diese rechtliche Auskunft wünschen, was die Herstellung und Vermarktung von kosmetischen Mitteln, Lebensmitteln, Medizinprodukten und frei verkäuflichen Arzneimitteln angeht.
Das BDIH-Siegel für Naturkosmetik berücksichtigt sowohl ökologische und gesundheitliche, wie auch soziale Aspekte. Bei den Kriterien geht man über das gesetzlich Vorgeschriebene hinaus. Das Augenmerk liegt nicht allein auf den verwendeten Rohstoffen, sondern auch auf dem Herstellungsprozess an sich und dem fertigen Endprodukt.
Voraussetzungen für das BDIH-Siegel
Für Produkte, die mit dem BDIH-Siegel ausgezeichnet werden sollen, dürfen nur Rohstoff verwendet werden, die strengen Kriterien gerecht werden.
- Bei der Entwicklung und Prüfung der Produkte dürfen keinerlei Tierversuche erfolgen oder in Auftrag gegeben werden.
- Es darf nicht zum Einsatz radioaktiver Bestrahlung kommen, weder bei den Rohstoffen noch bei den Endprodukten.
- Verboten ist der Einsatz von organisch-synthetischen Farbstoffen, synthetischen Duftstoffen, Silikonen, Paraffinen und anderen Erdölprodukten sowie von ethoxilierten Rohstoffen.
- Bei konkret benannten pflanzlichen Rohstoffen wird vorausgesetzt, dass sie aus zertifiziertem ökologischem Anbau gewonnen werden.
- Für die Konservierung darf nur auf bestimmte vorgegebene naturidentische Konservierungsmittel zurückgegriffen werden.
- Es gibt 15 festgelegte pflanzliche Rohstoffe, darunter Olivenöl, Sojaöl und Kokosöl, bei denen gefordert wird, dass sie von zertifiziert ökologisch angebauten Pflanzen stammen. Bei den anderen Rohstoffen genügt es, wenn diese „so weit wie möglich“ aus Bioerzeugung stammen, wobei es keine feste Definition eines geforderten Anteils gibt. Anders ist dies, wenn das Produkt auch noch als „bio“ gekennzeichnet werden soll. Dann wird nämlich explizit gefordert, dass 95 Prozent der Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau gewonnen werden.
- Es dürfen keine Rohstoffe verwendet werden, die von toten Wirbeltieren stammen, dazu gehören beispielsweise tierische Fette oder Nerzöl.
- Erlaubt sind aber tierische Rohstoffe, beispielsweise Milch oder Honig. Daher ist nicht automatisch davon auszugehen, dass durch den BDIH zertifizierte Naturkosmetik auch vegan ist.
- Als natürliche Riechstoffe sind nur solche erlaubt, die der ISO Norm 9235 entsprechen, oder solche, bei denen es sich um biotechnologisch gewonnene Riechstoffe handelt.
Naturkosmetik, die das BDIH-Siegel trägt, zeichnet sich durch natürliche Rohstoffe aus. Dazu gehören u. a. pflanzliche Öle, Kräuterextrakte und ätherische Öle. Die natürlichen Rohstoffe stammen dabei bevorzugt aus kontrolliert biologischem Anbau oder aus Wildsammlung. Der BDIH legt darüber hinaus aber noch auf weitere Faktoren Wert. So soll die Herstellung möglichst schonend für Umwelt und Ressourcen ablaufen und die Rohstoffe müssen in besonderem Maße abbaubar sein. Und auch die Art der Verpackung der Produkte spielt bei der Zertifizierung eine Rolle. Die Verpackungsmaterialien sollen recycelbar sein und sparsam zum Einsatz kommen.
Die durch den BDIH erlaubten Herstellungsprozesse
Für die Herstellung können physikalische Verfahren einschließlich der Extraktion mit Wasser, Kohlensäure, pflanzlichem Alkohol, Fetten und Ölen sowie daraus entstehendes Glycerin zum Einsatz kommen. Auch mikrobiologische oder enzymatische Verfahren sind erlaubt, wenn sie ähnlich wie in der Natur vorkommend ablaufen. Inhaltsstoffe für Naturkosmetik können auch durch Hydrierung, Oxidation, Reduktion und weitere Verfahren aus Naturstoffen gewonnen werden.
Die Zusatzkennzeichnung „bio“
Ein zertifiziertes Naturkosmetikprodukt kann zusätzlich noch die Kennzeichnung „bio“ führen, wenn der Bioanteil bei allen Bestandteilen, die grundsätzlich in Bioqualität verfügbar sind, bei mindestens 95 Prozent liegt. Hiervon ausgenommen sind Wasser und Mineralien.
Naturkosmetikmarken, die durch den BDIH zertifiziert sind
Mittlerweile tragen eine Reihe an Naturkosmetikmarken das BDIH-Siegel. Zu diesen gehören u. a.:
- Natura Siberica
- Whamisa
- Bioturm
- Luvos Heilerde
- Farfalla
- Benecos
- Taoasis
Auch Produkte aus dem Drogeriemarkt tragen das BDIH-Siegel, darunter Alterra, Alverde und Terra Naturi.
Unabhängige Stellen sind an der Mitentwicklung der Kriterien beteiligt, die für die Vergabe des Siegels herangezogen werden. Während Informationen zu den Kriterien für interessierte Verbraucher zur Verfügung stehen, wird der Vergabeprozess nicht vollständig transparent dargestellt. Es werden umfassende und unabhängige Kontrollen durchgeführt, um sicherzustellen, dass ein Anbieter sich auch tatsächlich an die Standards des BDIH hält. Sollte es seitens des Labelnehmers zu einem Verstoß gegen die Vergabekriterien kommen, kann es zu Sanktionen gegen ihn kommen.
Hersteller und Händler von Kosmetikprodukten, die an einer Zertifizierung durch den BDIH interessiert sind, können ihre Produkte beim BDIH anmelden. Im Rahmen der ersten Prüfung müssen durch die Hersteller Zertifikate anerkannter Kontrollstellen vorgelegt werden. Anhand der Zertifikate soll belegt werden, dass die Produkte dem Biostandard gerecht werden. Anerkannte Kontrollstellen sind nur bei der ersten Prüfung vorgeschrieben, später können auch nicht anerkannte Kontrollstellen die Zertifikate ausstellen. Gemäß Verbandsangaben gibt es zur Zeit 200 Lizenznehmer sowie 300 Marken aus 30 Ländern der Welt, die mit dem Naturkosmetik-Siegel versehen wurden. Insgesamt tragen somit mehr als 10.000 Produkte bereits das BDIH-Label.
BDIH gegen Greenwashing
Wie auch das Natrue-Siegel, möchte man sich mit dem BDIH-Label gegen sogenanntes Greenwashing stellen. Hierunter versteht man eine gezielte Marketingstrategie, bei der nur vereinzelte Produkte zertifiziert werden oder den Naturkosmetik-Standards entsprechen. Diese werden jedoch durch gezieltes Marketing in den Mittelpunkt gestellt, so dass bei Verbrauchern der Eindruck entstehen kann, die gesamte Produktpalette des Herstellers bzw. der Marke wäre dem Naturkosmetiksegment zuzuordnen. Das Unternehmen setzt daher voraus, dass die BDIH-Standards von mindestens 60 Prozent aller Kosmetikartikel der Marke erfüllt werden.
Der BDIH und Ayurveda
Ein eigenes Kontrollzeichen führt der BDIH auch für ayurvedische Nahrungsergänzungsmittel und stellt somit sicher, dass auch für ayurvedische Produkte zuverlässige Kontrollen bestehen. Ein ungesunder Lebenswandel kann zu einer Unterversorgung an Vitalstoffen führen und die Vitalität insgesamt beeinträchtigen. Um dem entgegenzuwirken, können entsprechende Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Gerade bei ayurvedischen Nahrungsergänzungsmitteln achten Verbraucher auf die Inhaltsstoffe. Daher wurde das Prüfsiegel erarbeitet, um für mehr Transparenz zu sorgen.