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So nachhaltig war 2019

von Elisabeth

Das Jahr neigt sich dem Ende zu – Zeit, ein bisschen Reflexionsarbeit zu leisten: Was ist dieses Jahr eigentlich alles passiert? Was hat sich klimapolitisch getan? Wurde das allgegenwärtige Wörtchen Nachhaltigkeit auch tatsächlich als Handlungsprämisse ernstgenommen oder immer nur als Trigger verwendet, um auf den Trendzug aufzuspringen? Was war nur heiße Luft, was waren einschneidende Ereignisse?

2019 – Kampf gegen den Klimawandel

Zweifelsohne stand 2019 im Zeichen des Klimawandels. Zunehmend setzten sich Menschen weltweit für eine gerechtere Klimapolitik, mehr Nachhaltigkeit und die Entschleunigung des kapitalistischen Wirtschaftssystems ein. Klimaaktivismus hat sich breit gemacht: die Unterstützung von basisdemokratischen Umweltbewegungen, allen voran Fridays for Future, aber auch von Extinction Rebellion, Ende Gelände und weiteren Gruppen wächst stetig. Der Kampf gegen die globale Erwärmung wird nicht mehr nur in privaten Bargesprächen geplant, sondern in die Tat umgesetzt. Klimapolitik überschreitet die Grenzen der Räume, in denen politische Entscheidungsträger über „sinnvolle“ Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung philosophieren: Sie wird auf der Straße, in Kohlegruben, öffentlichen Plenen und vielen weiteren Formen des Aktivismus ausgehandelt. Klimapolitik ist Privatsache geworden. So werden alle Gipfel, Pakete, Beschlüsse und Berichte genauestens beäugt und kritisiert, um Nachhaltigkeit in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zu schaffen und nicht nur so zu tun, als ob.   

Gleichzeitig haben sich die Auswirkungen der Klimaerwärmung schon deutlich bemerkbar gemacht. Die Anzahl der Waldbrände 2019 war immens, das Waldsterben weltweit schreitet unaufhaltbar voran. In Hessen wird schon getestet, ob mediterrane Baumarten den mitteleuropäischen Klimabedingungen, vor allem Frost, standhalten könnten. Nicht nur im Amazonas, sondern auch in Kalifornien, Sibirien, Russland, Australien und auch Deutschland hat es viele Waldbrände gegeben, die immer wieder von neuem ausgebrochen sind. Japan erlebt hingegen den schlimmsten Taifun seit mehr als fünf Jahrzehnten. Selbst Venedig, das regelmäßig von Überschwemmungen geplagt wird, erlebt 2019 das schlimmste Hochwasser seit 1966.

Uff… Das war so allgemein. Jetzt wird’s ein bisschen konkreter mit einem monatlichen Überblick der wichtigsten Klima und Nachhaltigkeit betreffenden Ereignisse 2019: 

JANUAR

Kohlekommission beschließt Ausstieg bis 2038  

Das Ende der Kohle ist eine der wichtigsten Forderungen, um den Temperaturanstieg durch fossile Brennstoffe und deren CO2-Emissionen zu stoppen. Daher hat die Kohlekommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ beschlossen, für Deutschland bis 2022 erste Kohlekraftwerke abzuschalten und bis 2038 aus der Kohle auszusteigen. Damit verfehlt der Beschluss die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens, da theoretisch wesentlich mehr Kraftwerke (vor allem in den ostdeutschen Ländern) bis 2030 stillgelegt werden müssten. Für den Klimaschutz wäre ein Kohleausstieg bis 2030 notwendig. Dies könnte gelingen, wenn die erneuerbaren Energien wie geplant bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent haben.

Kohle Earth Overshoot Day

MAI

EU verbietet Einwegplastik 

Das Europaparlament hat beschlossen, dass ab 2021 Einweg-Plastikprodukte nicht mehr verkauft werden dürfen. Darin inbegriffen sind beispielsweise: Kunststoffbesteck, -strohhalme, -wattestäbchen und -becher. Plastikflaschen müssen bis 2025 zu mindestens 25 Prozent aus recyceltem Material bestehen.

JUNI

Hitzewellen mit Rekordtemperaturen

Es war heiß in Europa. Der Allzeit-Rekordwert lag bei 46°C in Frankreich, auch Deutschland, Luxemburg die Niederlande, Belgien und die UK hatten Allzeit-Rekorde von über 40°C. Weitere Hitzewellen folgten im Juli.

JULI

Earth Overshoot Day

Die Menschheit hat bereits am 29. Juli ihr Ressourcen-Budget für das gesamte Jahr aufgebraucht. Nur sieben Monate hat es gebraucht, um die natürlichen Ressourcen auszubeuten, welche die Natur im Laufe eines Jahres wiederherstellen kann. Chapeau! Hier habe ich bereits über den Earth Overshoot Day berichtet.

SEPTEMBER

Klimapaket Teil 1

Das vom Klimakabinett beschlossene Klimapaket war ein Reinfall. Kritik wird besonders von Umweltverbänden und Wissenschaftlern geübt. Besonders die Höhe der CO2-Bepreisung ruft Kopfschütteln hervor. Die beschlossenen Maßnahmen von Pendlerpauschale, über ein Verbot neue Ölheizungen zu bauen, bis hin zu neuen Ladestationen für E-Autos waren absolut aus der Luft gegriffen und irrelevant. Natürlich wird die CO2-Bepreisung, die richtig umgesetzt tatsächlich eine Signalwirkung haben könnte, erst 2021 erfolgen. 

UN-Klimagipfel in New York 

Was für ein Spektakel: Greta segelt nach New York. Inhaltlich wurde neben der immensen Berichterstattung über die Aktivistin tatsächlich auch was beschlossen: Die Erderwärmung wurde auf 1,5°C begrenzt. Dieses Ziel zu erreichen ist jetzt eigentlich schon nicht mehr möglich. Dennoch verpflichteten sich immerhin 77 Länder bis 2050 klimaneutral zu werden.

OKTOBER

Rebellion Week in Berlin

Nachdem am 8. Oktober in Südkorea der UN Sonderbericht des Weltklimarats IPCC mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C vorgestellt wurde, folgt in Berlin die Rebellion Week. Mit dabei sind Fridays for Future und die Grassroots-Bewegung Extinction Rebellion (XR). Insgesamt nehmen ca. 100.000 Menschen an der Klimastreik-Woche teil. Es wurden Straßen blockiert, demonstriert und ziviler Ungehorsam geleistet, protestiert gegen die Unfähigkeit der Politik, das Artensterben und die Ausbeutung der Natur.

DEZEMBER

Klimakonferenz COP25 in Madrid 

Zwei Wochen Konferenz und eine magere Abschlusserklärung. Es gibt keine Einigung zum Emissionshandel, keine Verpflichtungen, sondern nur die Festlegungn, dass die Staaten 2020 ihre nationalen Klimaschutz-Pläne nachbessern – wow! Auch die Berichterstattung über den Gipfel ist mau. Geht ja auch nicht anders, wenn alle über Greta und ihre Zugfahrt schreiben. Immerhin schlägt Ursula von der Leyen im Zuge dessen einen European Green Deal vor, der eine europäische Lösung zum Klimaschutz vorsieht. Mal sehen, was daraus wird… 

Klimapaket Teil 2 – CO2-Preis in Deutschland festgesetzt

Die Forderung nach einem Preis für CO2 wurden endlich erhört. Nach anfänglichen Preisen von 10€, hat die große Koalition den Protesten ein wenig nachgegeben und einen Preis von 25€ pro Tonne festgelegt. Die Forderung der Grünen lag bei 40€. Damit verteuert sich der Sprit an der Tankstelle um 8-10 Cent pro Liter – ab 2021. Schrittweise steigt der Betrag dann bis 2025 auf 55€ pro Tonne. Eine echte Lenkungswirkung ist also erst in 5 Jahren zu erwarten. Denn allein die täglichen Schwankungen an den Tankstellen betragen oft bis zu 15 Cent pro Liter, ohne dass sich der Ölpreis geändert hätte. Trotzdem ist Deutschland damit ein erster Schritt gelungen. Damit liegen wir zwar hinter den nordischen Ländern wie Schweden (115€ pro Tonne) oder Finnland mit 65 Euro pro Tonne, im Vergleich mit den G20-Staaten liegt Deutschland aber mit 25€ ganz vorne beim Preis für eine Tonne CO2. Reichen wird dies aber nicht. Das Umweltbundesamt hat errechnet, dass für die Erreichung der Klimaziele im Verkehrsbereich bis 2030 ein Preis von 205 Euro/Tonne notwendig wäre.  Bezahlt wird davon unter anderem die Senkung der Mehrwertsteuer auf den Fernverkehr von 19 auf 7%. 

Windenergie Biostrom

Fazit: Erste Schritte sind gegangen

Was Nachhaltigkeit anbelangt, war dieses Jahr erst der Anfang. Das Bewusstsein der Menschen darüber, dass sie nachhaltig konsumieren, mehr verzichten und sich überlegen müssen, wie vertretbar ein Wirtschaftssystem ist, dass sie langfristig umbringt, ist da. Nur an der Umsetzung hapert es. Darum bleibt zu hoffen, dass die Umweltbewegungen im nächsten Jahr noch mehr Zulauf bekommen und die Klimapolitik ambitioniertere Pläne als in 2019 hervorbringt. Am wichtigsten wären hier meiner Meinung nach der schnellere Ausstieg aus der Kohle und eine europaweite Besteuerung von Flugreisen. Hier kann die EU einmal Stärke zeigen und wirklich etwas für das Klima tun. Denn deutsche Insellösungen taugen maximal als Vorbild, bringen im Vergleich zum weltweiten Ausstoß aber leider sehr wenig. Die sonst so zerklüftete und zerstrittene Europäische Union könnte hier ein echtes Zeichen für künftige Generationen und einen gemeinsamen Weg setzen.

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6 Kommentare

Netta Schaper 30. Dezember 2019 - 11:37 pm

Ich kann es nicht mehr lesen oder hören. Sorry Stromkosten steigen um 20%, Fahrkarten werden teurer. Das hat für mich nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Darüber schüttelt ich den Kopf. Sowas macht mich sauer und kann ich nicht für gut heißen. Zu meiner Zeit geb. 1976, war das Leben entspannter und da gab es solche Demos oder Gedanken über das Klima Öko nicht. Es wird nur an das Klima gedacht etc. aber nicht daran das Erhöhungen schaden.

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Elisabeth 30. Dezember 2019 - 11:50 pm

Wir sind einfach inzwischen über 7 Milliarden Menschen und die Ressourcen werden immer knapper. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Menschen verzichten freiwillig und schonen somit die Ressourcen und die Natur oder die Preise müssen erhöht werden damit die Menschen sparsamer leben. Wir haben nur die eine Erde und wenn wir nicht ganz schnell aufhören, diese wie einen Selbstbedienungsladen zu benutzen, der jeden Tag aufgefüllt wird, dann können wir bald nur noch an die guten alten Zeiten denken.
Auch in den 80ern hätte man schon aufhören müssen, unsere Erde zu plündern. Es hat nur keinen Interessiert und durch das nicht vorhandene Internet wurden solche Stimmen kaum bis gar nicht erhört.
Vielleicht solltest du einfach an die Dinge denken, die dich wirklich glücklich machen und wieviel Strom und andere Ressourcen diese verbrauchen. Ich wette, dass das gar nicht viel ist. Der Rest ist oft nur dafür da, ein System zu erhalten, was unseren Planeten über kurz oder lang unbewohnbar machen wird. Das wird man jetzt so lange hören, bis entweder die Menschen sich geändert haben oder eben nicht mehr da sind…

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steffi 7. Januar 2020 - 1:50 pm

Ich kann es auch langsam nicht mehr lesen oder hören: Menschen, die es nicht mehr hören können. Es ist nun mal eine Tatsache, dass wir Menschen den Klimawandel verursacht haben und nur wir Menschen können bzw. müssen daran mitwirken, die Auswirkungen gemeinsam zu bekämpfen. Mit kleinen Schritten oder mit großen, dazu gehören dann auch Dinge wie Regularien oder erhöhte Steuern, das ist ein notwendiges Übel. Auch wenn es einem nicht gefällt. Hätten die Regierungen der letzten 30 Jahre früher etwas unternommen, wären die erforderlichen Maßnahmen sicherlich nicht so „schmerzhaft“. Haben sie aber nicht. Deshalb müssen wir aufhören, uns leid zu tun oder auf andere zu zeigen. Wir müssen anfangen, uns zu maßregeln, einzuschränken und zu agieren, statt in jammernder Schockstarre zu verharren. Jeder kann etwas beisteuern. Und ja, früher war das Leben möglicherweise entspannter, leider sind diese nostalgischen Generationen jedoch zum Großteil mitverantwortlich, dass es heute so „ungemütlich“ wird.

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Lary 10. Januar 2020 - 2:29 pm

Danke fürs Zusammentragen der Infos!

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Elisabeth 10. Januar 2020 - 4:26 pm

Gerne :)

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Julius 18. Mai 2020 - 6:26 pm

Vermutlich hat niemand damit gerechnet, wie Natur schon das Jahr 2020 sein wird. Im angeblickt der großen Krise natürlich nur ein kleiner Trost. Auf jeden Fall sehr interessant, wie du hier die Infos für das Jahr 2019 zusammen getragen hast. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn du ähnliche wichtige Ereignisse diesen Jahres wieder zusammenfasst! Vielen Dank für dein nachhaltiges Engagement.

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