Seit 1997 ist es für Kosmetikhersteller in der gesamten EU gesetzlich verpflichtend, Inhaltsstoffe zu deklarieren. Möglich wird das dank der internationalen Richtlinie International Nomenclature of Cosmetic Ingredients – kurz INCI. Diese Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe – wie es auf deutsch heißt – ist allerdings alles andere als selbsterklärend und wirft bei Laien zahlreiche Fragen auf. Um zu verstehen, wie die INCI-Deklaration auf Kosmetikprodukten richtig gelesen wird, welche Vor- und Nachteile die Auflistungen bieten und was sich hinter so manchem Inhaltsstoff verbirgt, lest ihr in diesen Artikel.
Inhalt
- Was steckt in meiner Creme?
- Aufbau der INCI-Deklaration
- Inhaltsstoffe erkennen und bewerten
- Naturkosmetik-Marken als Vorreiter
Was steckt in meiner Creme?
Für den Blick auf die Inhaltsstoffe entscheiden sich immer mehr Konsumenten, bevor ein Produkt im Einkaufswagen landet. Dieser Handgriff beruht zum einen auf Interesse, um zu erfahren, was sich eigentlich in Creme, Shampoo oder Seife befindet. Zum anderen müssen zahlreiche Menschen wissen, was sie sich auf die Haut schmieren, da sie unter Allergien oder Unverträglichkeiten leiden. Auch Duftstoffe und Alkohol sind häufig Inhaltsstoffe, die gemieden werden wollen. Um all dies und noch viel mehr erkennen zu können, ist die INCI-Deklaration gedacht. Aber ganz so leicht wird es uns Konsumenten nicht gemacht. Angefangen bei pflanzlichen Bestandteilen, die meistens mit ihrem lateinisch botanischen Namen oder auf englisch aufgelistet werden, müssen wir zahlreiche Hürden meistens, um annähernd zu erfahren, was sich wirklich in unserer Kosmetik befindet.
➤So erkennt und vermeidet ihr Sodium Laureth Sulfate in Kosmetik.
Aufbau der INCI-Deklaration
Um uns näher an das Thema heranzutasten, sehen wir uns zunächst den Aufbau bzw. die Reihenfolge einzelner Bestandteile von Kosmetikprodukten an. Die Inhaltsstoffe eines Produktes stehen – je nach enthaltenem Gewicht – absteigend auf dem Produkt. Der erste Inhaltsstoff ist also am meisten enthalten und bildet die Basis, der Inhaltsstoff dahinter nimmt den zweitgrößten Anteil ein und so weiter. Alles was danach kommt, ist in geringeren Anteilen enthalten. In Cremes ist der Hauptbestandteil meistens Wasser (Aqua). Als Verbraucher erfahren wir allerdings nur, was und nicht wieviel eines Inhaltsstoffs das fertige Produkt ergibt. Auch die jeweilige Eigenschaft – ob Emulgator, Konsistenzgeber oder Konservierungsmittel – oder auch die deren Wirkung auf Haut und Haar, ist nicht ersichtlich. Sich den Anteil der Inhaltsstoffe auf Grund des Produktpreises oder an der Länge der Inhaltsstoffliste selbst zusammen zu reihen, bleibt in der Regel erfolglos.
Ein Beispiel:
Eine Creme besteht aus 20 Inhaltsstoffen, von denen der erste Wasser ist. Wir wissen nicht, ob dessen Anteil bei 30% oder nur bei 10% liegt. Ein Produkt, das nur aus 5 Inhaltsstoffen zusammen gesetzt ist, kann den selben Anteil, aber auch weniger oder mehr Wasser enthalten. Wirklich geholfen ist uns allein mit der Reihenfolge der deklarierten Bestandteile also nicht.
26 Duftstoffe müssen deklariert werden
Duftstoffe in Kosmetik werden unter dem Oberbegriff Parfum oder hin und wieder auch Aroma zusammengefasst. Allerdings gibt es 26 Duft-Bestandteile, die im Verdacht stehen, Allergien auszulösen, sodass diese spezifisch benannt und nicht unter einem der Oberbegriffe zusammengefasst werden dürfen. Diese sind sowohl natürlichen als auch synthetischen Ursprungs, wobei letztere für Naturkosmetik verboten sind.
Folgende 26 Duftstoffe müssen in der INCI einzeln aufgeführt werden:
- Alpha-Isomethyl Ionone, Amyl Cinnamal
- Amylcinnamyl Alcohol, Anise Alcohol, Benzyl Alcohol
- Benzyl Benzoate, Benzyl Cinnamate, Benzyl Salicylate
- Butylphenyl Methylpropional
- Cinnamal, Cinnamyl Alcohol
- Citral, Linalool, Citronellol
- Coumarin, Eugenol, Evernia Prunastri Extract
- Evernia Fufuracea Extract, Farnesol
- Geraniol, Hexyl Cinnamal, Hydroxycitronellal
- Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexene Carboxaldehyde
- Isoeugenol, Limonene, Methyl 2-Octynoate
Nicht alles muss deklariert werden
Sind Bestandteile enthalten, die weniger als 1% der Gesamtmenge ausmachen, müssen diese nicht deklariert werden.
Die Problematik dabei verdeutlicht folgendes Beispiel:
Ein Produkt kann 20 Inhaltsstoffe enthalten, die jeweils unter 1% enthalten sind. In Summe ergibt das knapp 20% der Inhaltsstoffe, die uns nicht offen gelegt werden müssen. Darunter können sogar Stoffe tierischen Ursprungs fallen, obwohl der Artikel als vegan deklariert wurde.
Auch bei Farbstoffen gibt es Defizite in der transparenten Deklaration. In der INCI-Liste werden enthaltene Farbstoffe ganz am Ende aufgelistet, ungeachtet ihres Anteils an der Gesamtmenge. Hier wird also die eigentlich abfallende Reihenfolge umgangen. Hinzu kommt, dass Farben nicht mit Bezeichnungen, sondern lediglich mit ihren CI-Nummern (Colour-Index) aufgelistet werden. Insbesondere bei dekorativer Kosmetik kommt erschwerend hinzu, dass Produkte die Farbcodes von Farbvarianten enthalten. Konkret bedeutet das, wenn ihr einen Lippenstift kauft, den es insgesamt in zehn Nuancen gibt, kann es sein, dass die Farbnummern aller zehn Lippenstiftfarben auf jedem einzelnen Lippenstift aufgeführt wurden. Dies wird mit dem Zeichen +/- geregelt und wird von Herstellern aufgrund der Einfachheit halber praktiziert. Bei enthaltenen Farbstoffen erfahren wir also weder genau, um welche Farbe es sich handelt, wo diese herkommt, wie dessen korrekte Bezeichnung lautet, noch zu welchen Anteilen sie enthalten sind.
Auch die Verpackung lässt Spielraum und erschwert das Identifizieren der Inhaltsstoffe. Die INCI-Deklaration von Kosmetikprodukten muss auf der Verpackung – auf dem Flakon oder auf der Umverpackung – erfolgen. Der Aufdruck der Inhaltsstoffe ist in der Regel in 2-3 Millimeter Größe aufgedruckt. Bei dekorativer Kosmetik müssen die INCI nicht auf jedem einzelnen Produkt angebracht sein. Stattdessen reicht es, wenn die Inhaltsstoffe am Verkaufsort einzusehen sind. Wenn ihr die Inhaltsstoffe im Geschäft oder im Onlineshop nicht auffinden könnt, wendet euch an einen Verkäufer bzw. an den Kundenservice.
Inhaltsstoffe erkennen und bewerten
Wie ihr die INCI lest und somit Inhaltsstoffe erkennt und bewertet ist Übungssache. Zum Beispiel empfiehlt es sich, scharfe Tenside, wie Sodium Lauryl Sulfate zu meiden. Stattdessen sollten – ja nach Produktkategorie – eher pflegende Inhaltsstoffe, wie Pflanzenöle, enthalten sein. Wollt ihr auf schädliche Inhaltsstoffe verzichten, solltet ihr auf Naturkosmetik setzen. Denn hierfür sind zahlreiche Substanzen, die für konventionelle Kosmetika zugelassen sind, verboten. Eine Übersicht mit Naturkosmetik-Marken findet ihr hier.
Gängige Inhaltsstoffe, die ihr in den INCI findet, sind unter anderem:
- Citric Acid – Zitronensäure
- Butyrospermum Parkii – Sheabutter
- Prunus Amygdalus Dulcis Oil – Mandelöl
- Simmondsia Chinensis Seed Oil – Jojobaöl
- Helianthus Annuus Seed Oil – Sonnenblumenöl
- Tocopherol – Vitamin E
- Sodium Stearoyl Lactylate – Emulgator
- Glyceryl Stearate Citrate – Emulgator
Naturkosmetik-Marken als Vorreiter
Zwar sind Hersteller verpflichtet, ihre Inhaltsstoffe offenzulegen, allerdings gibt es hierbei gravierende Unterschiede, sodass vieles im Ermessen des jeweiligen Unternehmens liegt. Positiv hervorzuheben sind insbesondere Naturkosmetik-Hersteller, auch wenn sich das nicht verallgemeinern lässt. Einige Anbieter ergänzen die INCI zum Beispiel um die deutschen Bezeichnungen der Inhaltsstoffe. Auch wenn sich daraus noch nicht zwingend ableiten lässt, wofür der jeweilige Stoff gut ist – geschweige denn von der enthaltenen Menge – wird zumindest versucht, für mehr Transparenz zu sorgen. Auch die Herkunft der Rohstoffe wird insbesondere bei Naturkosmetik offen gelegt. Dadurch erfahrt ihr, welche Bestandteile zum Beispiel aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Wenn ihr weitere Informationen zu einzelnen Inhaltsstoffen – deren Herstellungsprozess oder deren Anteil am Produkt – erfahren möchtet, solltet ihr euch direkt an den Hersteller wenden. Einige Unternehmen sind bereit, den genauen Prozentsatz bestimmter Inhaltsstoffe auf Anfrage zu nennen. Insbesondere bei mineralischem Sonnenschutz ist der Anteil der enthaltenen Filter nicht unerheblich.
➤Hier könnt ihr Naturkosmetik online kaufen und zu vielen Inhaltsstoffen Zusatzinformationen einsehen.
Tipps zum Entschlüsseln der INCI
- Auf der Homepage des Herstellers nachgucken
- Beim Hersteller anfragen, wenn die Homepage Fragen offen lässt
- Im Internet recherchieren und dabei am besten mehrere Quellen heran ziehen
- Übung macht den Meister: Mit der Zeit könnt ihr die INCI immer besser entziffern
Ihr seht, die Inhaltsstoffe in Kosmetik sind längst nicht so transparent dargestellt, wie es wünschenswert wäre. Auch wenn vieles gesetzlich geregelt scheint, bestehen noch zahlreiche Defizite der Deklaration. Insbesondere der jeweilige Anteil eines Inhaltsstoffs sowie die Deklaration von Farbstoffen werden mit dem Blick auf die INCI nicht deutlich.
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2 Kommentare
Wollt ihr auf schädliche Inhaltsstoffe verzichten, solltet ihr auf Naturkosmetik setzen.
Diese Aussage ist absoluter Quatsch. Mittlerweile haben so viele Menschen Allergien, allergien auf Nüsse oder Pflanzen zum Beispiel, würde diese Leute naturkosmetik verwenden, würde man Ihnen das sofort ansehen. Chemisch hergestellte Inhaltstoffe sind meistens viel verträglicher, natürlich nicht alles aber das Meiste. Kann man die INCI ein bisschen verstehen kann man sehr gute Produkte finden, die nicht Naturkosmetik sind.
Das der anteil der verwendeten Stoffe nicht drauf steht ist doch wohl selbsterklärend, eigentlich. Wenn man die ganze Rezeptur offen legt kann es doch jeder nachmachen und unter seinem eigenem Namen verkaufen.
Und ein Tensid mit einem Pflanzenöl gelich zu stellen ist doch absoluter humbuk, die haben doch völlig verschiedene Funktionen in einer Creme oder einem reinigungsprodukt…
Hallo Daniela, vielen Dank für deinen Kommentar. „Schädlich“ ist natürlich ein sehr breit gefächerter Begriff. Hier ist in erster Linie gemeint, dass in Naturkosmetik Stoffe verboten sind, die der Umwelt schaden (z.B. Mineralöl). Und auch (potentiell) gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe (wie z.B. Aluminiumsalze) kommen ja in der Naturkosmetik nicht vor. Das bedeutet nicht, dass es in der Naturkosmetik nicht auch Stoffe gibt, die für den Einzeln schädlich sein können (z.B. zu viele Duftstoffe). Und im Umkehrschluss ist auch nicht gemeint, dass in konventioneller Kosmetik alles schlecht ist.
Dieser Artikel soll in erster Linie dazu beitragen, INCI-Listen zu erklären, sodass diese auch für Laien besser verständlich sind.